Ich bin jetzt schon seit gut acht Jahren Vollzeit selbständig – eine gewisse Reisezeit liegt also schon hinter mir. Viele Erlebnisse, viele Hürden, viele Erfolge und sicher auch jede Menge Gänsehautmomente durfte ich in dieser Zeit erleben. Deshalb folge ich gerne dem Aufruf von Chris Collet zur Blogparade „Gänsehautmoment: Ein unvergessliches Erlebnis“ – dieser Artikel ist diesem Aufruf gewidmet.
Gerne wollte ich also einen Blogbeitrag beisteuern – und dann stand ich vor der Aufgabe, einen Moment herauszupicken, den ich hier beschreiben könnte. Gar nicht so leicht, bei rund 3.000 Tagen Selbständigkeit! Deshalb habe ich mir selbst einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit gegönnt und mir die Frage gestellt, wie es sich denn ganz zu Beginn der Selbständigkeit.
Wie so viele Solopreneure bin ich nebenberuflich in diese Tätigkeit gestartet. Ich hatte glücklicherweise die Möglichkeit, in meiner Festanstellung einen Tag in der Woche zu reduzieren – der Freitag war dann dem Business-Aufbau vorbehalten. Und dann ergab sich im Januar 2016 die Möglichkeit: Ein potenzieller Auftraggeber bot mir die Zusammenarbeit an. Ein großes Projekt, das mir ein Grundeinkommen für die nächsten eineinhalb Jahre sicherte. Aber für das ich dann auch aus der Sicherheit der Festanstellung heraus musste, sonst hätte ich es zeitlich nicht stemmen können.
Für mich damals ein enormer Schritt. Meine erste Selbstständigkeit und auch keine Erfahrungen damit – meine Familie war immer festangestellt. Das galt als sicher, so kam regelmäßiges Einkommen rein. Wobei wir heute ja auch wissen, wie schnell man auch aus einer Festanstellung gekündigt werden kann. Als Selbstständiger habe ich da doch mehr mein Schicksal selbst in der Hand, finde ich. Aber damals war das für mich ein mutiger Schritt auf unbekanntem Terrain. Mit vielen Unsicherheiten verbunden: Werde ich wohl immer genug Aufträge bekommen, reicht der Umsatz zum Leben? Auch dauerhaft?
Wenn ich heute zurückblicke auf meine ersten Monate als Selbstständiger bin ich selbst ganz verblüfft. Über die Reise, die Entwicklung. Aber auch, wie die eigenen Erwartungshaltungen sich weiterentwickeln. In meiner Anfangszeit habe ich praktisch jeden Auftrag angenommen, den ich bedienen konnte. Webseitenbetreuung, Social Media-Redaktion, historische Recherchen. Und für ganz kleines Geld auch das Korrekturlesen von Werbetexten.
Und so erinnere ich mich auch an einen „Gänsehautmoment“ – auch wenn mir die Bedeutung, das Learning daraus, erst im Rückblick deutlich geworden ist. Eine Werbeagentur hatte mich beauftragt, regelmäßig ihre Flyer vor dem Druck noch mal gegenzulesen. Eine Handvoll Seiten – vielleicht 20-30 Euro pro Auftrag. Und ich erinnere mich, dass ich an einem Tag, nach dem ich einen solchen Auftrag abgeschlossen hatte, fröhlich mit meinem Einkaufskorb zum Supermarkt schlenderte, um die gerade verdienten 24 Euro in Lebensmittel-Einkäufe zu stecken.
Das fühlte sich damals saugut an. Dieses direkte Gefühl von: Ich habe das jetzt verdient und kann es jetzt auch ausgeben. Das war so greifbar. So fühlt sich Geld verdienen also an. Nicht jeden Monat einfach die regelmäßige Buchung des Gehalts auf mein Konto – egal wie doll ich mich in diesem Monat angestrengt hatte, ob ich Urlaub hatte oder ob ich viele Überstunden gemacht hatte. Das Gehalt kam einfach immer in gleicher Höhe zur gleichen Zeit und war damit gedanklich losgelöst von der eigentlichen Tätigkeit. Das eingenommene Honorar aus der Selbständigkeit empfand ich plötzlich viel stärker als Gegenleistung, als Belohnung für meine Tätigkeit. Das hat mir damals ein anders Gefühl für Geld und auch für Wert vermittelt.
Heute muss ich darüber schmunzeln. Wissend, dass 24 Euro Umsatz noch lange nicht 24 Euro Gewinn sind. Dass da noch sehr viele Kosten zu berücksichtigen sind. Und dass ich natürlich nicht jede einzelne Stunde meines Arbeitstags würde verkaufen können. Auf die Dauer wäre ich mit diesem Pensum niemals über 2000 Euro Monatsumsatz hinausgekommen. Auch das Money Mindset ändert sich im Laufe der Zeit. Damals schien mit ein fünfstelliger Monatsumsatz völlig utopisch. Hey – ich bin Soloselbständige, wie kann ich denn von so viel Geld träumen?! Aber einige Jahre später bin ich deutlich realistischer.
Aber geblieben ist die direkte Kopplung von geleisteter Arbeit und Einnahmen. Dass ich den Gegenwert spüre. Und natürlich im Laufe der Zeit meinen eigenen Wert erkannt habe und auch, welchen Wert ich für meine Kunden stiften kann. Ein solides Wertebewusstsein hilft natürlich bei der eigenen Preisgestaltung.