Nein, das ist nicht dasselbe!
Es gibt viele Vorurteile über introvertierte Menschen. Häufig höre ich, dass Introversion mit Schüchternheit gleichgesetzt wird.
Nun, das hat zumindest ein Fünkchen Wahrheit in sich.
Grundsätzlich möchte ich betonen: Introversion ist ein Bestandteil der Persönlichkeit, der fest dazu gehört. Dass man durch große Menschenmengen angestrengt wird, dass man seine „Alleinzeit“ braucht, um die Akkus wieder aufzuladen, dass man kein „Dampfplauderer“ ist, sondern Dinge lieber in Ruhe zu Ende denkt – bei jedem Intro unterschiedlich ausgeprägt, manchmal auch situations- oder tagesformabhängig, aber im Grundsatz immer da.
Schüchternheit hingegen ist ein Zustand, der sich im Laufe des Lebens entwickelt hat: Aus Angst, Fehler zu machen, vermeidet man soziale Interaktion und fürchtet sich vor Zurückweisung. Also kein angeborenes, sondern ein erlerntes Verhalten. Und auch eines, das ich ablegen kann, wenn ich dazu bereit bin.
Vereinfacht ausgedrückt: ein Introvertierter entscheidet sehr bewusst, dass er nicht mit anderen Menschen reden möchte. Ein Schüchterner möchte gerne kontakt aufnehmen, traut sich aber nicht. Es ist also eine Frage, ob ich freiwillig schweige oder ob ich eigentlich lieber sprechen möchte.
Von außen sind die Unterschiede nicht leicht zu erkennen, denn beides kann sich in der Vermeidung von Kontakt mit anderen Menschen äußern.
Und tatsächlich gibt es eine gewisse Korrelation zwischen diesen beiden Phänomenen. Wenn ich als Introvertierter im Laufe meines Lebens häufig Ablehnung oder Unverständnis darüber erlebt habe, dass ich gerne Zeit alleine verbringe, kann daraus eine Schüchternheit erwachsen. Wenn ich gelernt habe, dass ich in Gruppensituationen nicht schlecht genug mitreden kann, weil mein Gedanken noch nicht zu Ende gedacht sind, dann traue ich mich irgendwann nicht mehr, es zu versuchen. Auch wenn ich möchte.
Bei mir war das tatsächlich so: Über Jahre „gelernt“, dass ich für Gruppen nicht tauge, habe ich sie gemieden. Und ging dann davon aus, dass generell der Umgang mit Menschen nicht meine Spezialität sei. Aber ich habe dazugelernt 🙂 Vor allem, als ich meine eigene Introvertiertheit erkannte. Und heute weiß ich: Ich mag mich sehr gerne mit Menschen beschäftigen. Auch das ein Grund, warum ich heute also Coach im direkten Austausch mit meinen Kunden arbeite und nicht nur in meinem stillen Kämmerlein vor mich hinbrüten mag.
Nur meine Alleinzeit – die nehme ich mir heute ganz (selbst)bewusst. Das gehört zu mir!